Edition Nr. 161 Krieg und Frieden
Schweizer Ehrlichkeit – eine Frage der Interpretation
Anhänger der gewalttätigen Konfliktlösung schmeissen 2015 eine Party: Das 500-Jahr-Jubiläum der Schlacht bei Marignano – eines Blutbads, das in der ohnehin nicht unblutigen Geschichte der alten Eidgenossenschaft seinesgleichen sucht. Die eidgenössischen Truppen, allenthalben wegen ihrer Bestialität gefürchtet und mit nichts bewaffnet als ehrlichen Hellebarden, wurden vom französischen Militär feige und unwürdig mit Feuerwaffen niedergemetzelt. Nun kann man sich fragen, was es an einer solchen historischen Niederlage zu feiern gibt. Da gibt es zum Beispiel die Interpretation der Stahlhelmfraktion, die meint, Marignano sei die Wurzel der Schweizer Neutralität. Die Schlacht habe die schweizerischen Grossmachtspläne zerschlagen und eine Besinnung auf die Eigenständigkeit bewirkt. Dass das schweizerische Söldnerwesen erst über 300 Jahre später zum Erliegen kam, hält sie für nicht der Rede wert.