Take these toys away from the boys!

«Eines Nachts kam einer der Polizisten, richtete sein Gewehr auf mich und hiess mich, ihm zu folgen, zu anderen Männern… Der Kommandant richtete sein Gewehr auf mich und vergewaltigte mich», berichtet eine 14-Jährige von den Salomon-Inseln («The impact of guns on women’s lives»)

«Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt ». Waffengewalt zum Beispiel. Was dieses Sprichwort bedeutet, weiss jede dritte Frau auf der Welt aus eigener bitterer Erfahrung. Bedroht, genötigt, geschlagen, vergewaltigt, gefoltert, ermordet: Gewalt gegen Frauen hat viele Formen. Die Täter sind Ordnungshüter, Gefängniswärter, Soldaten im und ausserhalb vom Dienst, bewaffnete Truppen, kriminelle Banden, vor allem aber Ehemänner, Partner, Brüder und Väter. Oft geht es um Sex – und fast immer um die Demonstration von Macht. Konventionelle, kleine und leichte Waffen verursachen weltweit deutlich mehr Tote als moderne Grosswaffensysteme. Die meisten dieser Revolver, Karabiner, Maschinenpistolen und Gewehre befinden sich in Männerhand – obschon die Zahl der Frauen in bewaffneten Gruppen und Banden zunimmt, Mädchen immer öfter als Kindersoldatinnen rekrutiert werden und immer mehr Frauen angeben, sich mit Waffen sicherer zu fühlen. Auch seitens der Opfer bewaffneter Gewalt sind Männer weit in der Überzahl. Mit einer Ausnahme: der häuslichen Gewalt.

Waffen in Ehe und Partnerschaft

Studien in den USA haben gezeigt: Ist eine Waffe im Spiel, steigt die Gefahr, dass Gewalt in Familie, Ehe und Partnerschaft tödlich endet, um das Fünffache. In Südafrika und Frankreich wird jede dritte vom Partner oder Ehemann ermordete Frau mit einer Schusswaffe umgebracht, in den USA sogar zwei von dreien. In der Schweiz sind in den Jahren 2002-03 gemäss Medienberichten 72 Menschen im familiären Umfeld ermordet worden, mehr als die Hälfte von ihnen mit Schusswaffen. Die Opfer waren zum überwiegenden Teil Frauen, die TäterInnen mit zwei Ausnahmen Männer.

Solch frappierenden Tatsachen zum Trotz hält sich hartnäckig das Stereotyp, wonach die Waffe in der Hand dem Mann vor allem dazu dient, «Frau und Kinder zu verteidigen». Von der Rekrutenprüfung über Actionfilme bis zu Medienberichten und Umfragen in der Bevölkerung lernen wir: Waffen machen männlich, sind ein Statussymbol, beweisen Macht. Im Krieg und danach, in der Gang, in den eigenen vier Wänden und immer häufiger schon in der Schule. Erst zaghaft wehren sich auch Männer gegen diese Kultur, zum Beispiel in der in Kanada lancierten und in verschiedensten Ländern aufgegriffenen «White Ribbon»-Kampagne.

Waffen unter Kontrolle!

Schärfere Waffengesetze verändern weder Geschlechter- noch andere Machtverhältnisse. Wohl aber deren oft tödliche Folgen: So fiel in Kanada seit der Verschärfung der Waffengesetzgebung im Jahr 1995 bis 2003 die Quote der mit Waffen verübten Tötungsdelikte insgesamt um 15 Prozent – diejenige der Tötungsdelikte an Frauen sogar um 40 Prozent. In Australien, wo die Waffengesetze 1996 verschärft wurden, sank die Zahl der mit Waffen ausgeübten Mordfälle in den darauffolgenden fünf Jahren insgesamt um 45 Prozent, in Bezug auf die weiblichen Opfer um 57 Prozent. Im Jahr 2006 konnte die drei Jahre zuvor von Amnesty International, Oxfam und dem internationalen Aktionsnetzwerk gegen Kleinwaffen IANSA lancierte «Control Arms»- Kampagne einen wesentlichen Erfolg feiern: Die UNO-Generalversammlung sprach sich für die Ausarbeitung eines Internationalen Abkommens für die Kontrolle von Waffen aus («Arms Trade Treaty»). Die Schweiz ist in diesem Prozess durchaus aktiv engagiert und mindestens von unserer Aussenministerin hören wir oft das Argument, dass Frauen im Sinne der UNO-Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit besser vor geschlechts – spezifischer Waffengewalt geschützt werden müssen. Wie lange warten wir noch auf diese Einsicht in der Schweizer Aussenwirtschaftsund in der Innenpolitik?

 

Weiterführende Informationen:

«Control Arms»-Kampagne

The impact of Guns on Women’s Lives, Amnesty International, 2005.