Unterwegs als Sammler

«Entschuldigung, haben Sie die Volksinitiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten schon unterschrieben?» Gut 30’000 stimmberechtigte Schweizerinnen und Schweizer haben sich in den letzten Wochen aufgrund dieser Frage und unseren Argumenten dafür entschieden, die Initiative zu unterstützen. Unterschriften sammeln ist harte Arbeit – aber auch spannende Arbeit.


Es ist Freitag Morgen, Markt in Winterthur. Wie jede Woche zwischen 8.00 und 11.00 Uhr treffen sich hier Leute, welche die Marktromantik dem Supermarktstress vorziehen. Das Wetter ist gut. Ich habe mir in den letzten Wochen angewöhnt, vermehrt auf den Wetterbericht zu achten. Regen und Kälte scheint sich bei den meisten Leuten unmittelbar auf ihre Stimmung auszuwirken. Regen und Kälte heisst: «Lass mich in Ruhe, ich will nur nach Hause». Heute ist die Sonne aber auf meiner Seite, ideales Sammelwetter.

«Schon unterschrieben?»

Der Markt ist um 8.30 Uhr schon gut besucht und ich stelle der ersten Passantin die Frage: «Guten Morgen, haben Sie die Volksinitiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten schon unterschrieben?» Nein, es sei ihr auch noch zu früh um zu denken… Aha, das Hirn darf noch etwas ausschlafen, denke ich mir. Ein älterer Herr mit grimmiger Miene kommt auf mich zu.

Ich spreche ihn an, obwohl ich ihn insgeheim schon der Kategorie «Berufsoffizier» zugeteilt habe. Seine Miene wird nach meiner Frage fast noch grimmiger, seine Antwort überrascht mich deshalb umso mehr. «Ja, ja, ich habe die Nase voll von dieser Politik mit den Kriegsmaterial-Exporten. Es ist ja nicht auszuhalten, was unsere Regierung da veranstaltet». Er unterschreibt. Vielleicht hängt seine düstere Miene mit den Kriegsmaterial-Exporten zusammen, sage ich mir.

 

«Tönt einleuchtend»

Eine Frau mit Kinderwagen erscheint, meine Erfahrung sagt: «Gute Chance». Ich erkläre ihr kurz um was es geht. «Tönt einleuchtend, da unterschreibe ich». Nun gilt meine Aufmerksamkeit einer Frau, schätzungsweise um die Vierzig. «Kriegsmaterial-Exporte? Wissen Sie, Politik ist nicht so meine Sache, da muss ich meinen Mann fragen…» Ich unterlasse es, eine Diskussion über Emanzipation anzuzetteln. Es nähern sich drei jüngere Männer, so um die 25. Vielleicht Unterschriften im Multipack, denke ich mir. «Gegen Kriegsmaterialexporte? Sicher nicht, Krieg ist geil…». Ich strafe die Truppe mit Missachtung. Nächster Versuch, eine Frau, Mitte 50. Ihr Akzent lässt mich vermuten, dass sie irgendwo aus der Balkanregion stammen muss. Sie hört mir zu und sagt mit leiser Stimme: «Es ist gut, was sie hier tun. Ich komme aus dem ehemaligen Jugoslawien. Furchtbar, wie können Menschen so grausam sein…». Leerer Blick, sie stockt, scheint mit ihren Gedanken in den Kriegserinnerungen gefangen. Ja, sie sei in der Zwischenzeit Schweizerin. Sie glaube zwar nicht, dass es etwas nütze, aber sie unterschreibe.

«Keine Zeit! »

Diese meist spannenden, teils ermutigenden, manchmal aufwühlenden und ab und zu nervigen Erfahrungen sollen nicht darüber hinweg täuschen, dass Sammeln sehr viel mit Ausdauer und Stehvermögen zu tun hat. Manchmal kann es auch sehr monoton sein. Vor allem dann, wenn man wieder feststellt, dass «keine Zeit» jenes Wortpaar ist, welches unsere heutige Zeit wesentlich prägt. Frustrierend sind jene Leute, die mir mit abweisenden Handbewegungen bereits aus fünf Metern Entfernung signalisieren, dass ich gut daran täte, sie keinesfalls anzusprechen. Immerhin hat sich jener ältere Herr wenigstens mit mir unterhalten, bevor er mir seine Meinung zur GSoA offenbarte: Diese «Zoa», wie er sie nannte, wolle unsere Armee abschaffen. Diese Halunken seien dann auch Schuld, wenn der Islam über uns hereinbreche… Auch hier unterliess ich es zu diskutieren. Schliesslich näherte sich eine Frau mit Kinderwagen. Sie unterschrieb und wünschte mir viel Glück.

Erklärung von Bern unterstützt Initiative

Die Initiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten erhält weiteren Support. Die Erklärung von Bern (EvB) hat sich entschieden die Initiative zu unterstützen. Die Auswirkung von Kriegsmaterial-Exporten in Länder des Südens haben die entwicklungspolitische Organisation zu diesem Schritt bewogen. Auch attach schweiz hat sich unter die mittlerweile 35 offiziell unterstützenden Organisationen gereiht.