Vergangenheit holt Schweizer Waffenfirma ein

Im Jahr 2002 hat die südafrikanische «Khulumani Support Group» mehrere Unternehmen verklagt, welche Geschäfte mit dem Apartheid-Regime in Südafrika getätigt hatten. Ein Gericht in den USA hat diesen April entschieden, dass unter anderen die Klage gegen Oerlikon Contraves zugelassen wird. Die Ankläger aus Südafrika sprechen von einem grossen Erfolg.

2002 reichte die «Khulumani Support Group» eine Schadenersatzklage gegen zwanzig Unternehmen ein. Die südafrikanische Gruppe ist ein Zusammenschluss von Opfern des Apartheid-Regimes und setzt sich für die Aufarbeitung undWiedergutmachung des Unrechts ein. Khulumani – in Zulu «die Stimme erheben» – hat nach langjährigem Rechtsstreit diesen April einen wichtigen Sieg errungen. Gegen fünf Unternehmen wird formal ein Prozess zugelassen, darunter auch gegen den deutschen Waffenkonzern Rheinmetall. Rheinmetall besitzt heute die Schweizer Firma Oerlikon Contraves, welche aus dem Waffengeschäft von Oerlikon Bührle entstanden ist. Der eigentliche Prozess wird wohl im Jahr 2011 beginnen.

Schweizer Waffenexporte für den Apartheid-Staat

Dieter Bührle, ehemaliger Chef von Oerlikon Bührle, pflegte gute Kontakte zum südafrikanischen Regime: Seine Firma verkaufte für nahezu 200 Millionen Franken Kanonen nach Südafrika und lieferte Produktionslizenzen für Waffen an südafrikanische Rüstungsbetriebe. 1978 erhielt er den Stern-Orden, die höchste militärische Auszeichnung des Apartheid-Regimes. Die offizielle Schweiz setzte sich unter einem Vorwand über das Waffenembargo des UN-Sicherheitsrats von 1963 hinweg, um für Schweizer Waffenproduzenten, darunter Bührle, die Profite zu sichern. Später musste die Schweiz Waffenexporte nach Südafrika als Folge internationalen Drucks verbieten. Oerlikon Bührle jedoch lieferte bis in die 1980er-Jahre weiterhin auf illegalem Weg Waffen an die mörderische Diktatur.

Gerichtsentscheid gegen Rheinmetall

Die «Khulumani Support Group» beurteilt auf Anfrage der GSoA-Zeitung das Urteil als eine «tektonische Verschiebung» im Kampf für Menschenrechte. Denn dies sei die Bestätigung, dass Unternehmen haftbar gemacht werden können, wenn sie durch (Waffen-)Lieferungen an Unrechtsregime Menschenrechtsverletzungen und aussergerichtliche Tötungen ermöglichen. Für eine Firma besteht damit eine sekundäre Haftung für ihre Produkte. Dies bedeutet, dass sich ein Unternehmen nicht länger aus derVerantwortung stehlen kann, wenn es annehmen muss, dass seine Waren und Dienstleistungen für Menschrechtsverletzungen eingesetzt werden. Wenn das Urteil vom 8. April 2009 zu einer Verurteilung führen sollte, wäre das ein grosser Schritt in die richtige Richtung. Die Produzenten von Waffen und Munition wären endlich gezwungen, für die negativen Konsequenzen ihrer Exporte gerade zu stehen.