Verstand, bitte melden!

Bubenträume von alternden Armeeplanern

Dass Zeitungen ihre LeserInnen mit Scherzen zum 1. April veräppeln, daran hat man sich mittlerweile gewöhnt. Dass auch zu anderen Zeitpunkten groteske Artikel abgedruckt werden, ist zumindest in der «Neuen Zürcher Zeitung» selten. Die Ausnahme von der Regel bestätigte ein unlängst erschienener Artikel von Oberstleutnant Ulrich Kohli, ehemaliger Kommandant von Panzerverbänden. Kohli, der unter dem Pseudonym James Douglas auch Thriller-Romane veröffentlicht, macht sich Gedanken darüber, wie die Schweiz moderne Bedrohungsformen wie Al-Kaida abwehren kann. Voraussetzung für eine Auseinandersetzung mit dieser Frage sei eine «Vereinfachung des Denkens» – bei der Kohli mit gutem Beispiel vorangeht.

Zunächst scheinen seine Überlegungen noch von grosser Plausibilität, denn Kohli schreibt: «Es ist leider ein Ding der Unmöglichkeit, die Aufgabe der Armee zu bestimmen». Nun, wo Kohli Recht hat, da hat er Recht, nur schreibt die GSoA-Zeitung bereits seit 23 Jahren von der Unmöglichkeit, der Armee eine Aufgabe oder einen Sinn zuzugestehen…

Eine neue Einheit soll her

Leider zieht Kohli aber den falschen Schluss aus seinen Überlegungen: Statt die für Anti-Terror-Einsätze untaugliche Milizarmee abschaffen zu wollen, fordert er den Aufbau einer neuen Armeeeinheit, für die er den passenden Namen auch schon bereit hat: «Die Eingreiftruppe für Innere Sicherheit (EINS)». EINS, die bei «Anschlägen, Zerstörungen, Entführungen, Staudammbrüchen, AKW-Sabotagen, Bankenzerstörungen, Angriffe gegen US-Firmen im heimischen Landesinnern, alles vor unserer Haustür» zum Einsatz kommen soll, «ist nicht auf Räume oder Konzepte beschränkt, sondern die schlagkräftige Eingreiftruppe schlechthin, irgendwo, jederzeit!»

Bedrohliche Phantasie

Dass Kohli beim Schreiben seines Artikels die Phantasie durchgegangen ist, blieb nicht unbemerkt. Militärexperte Albert A. Stahel warnte in einem Leserbrief in der NZZ davor, Kohlis Beitrag als «Phantasieprodukt eines begabten Schriftstellers» abzutun: «Leider finden solche und ähnliche Abhandlungen heute Eingang in die Politik und Wissenschaft. Eine gewisse Ernüchterung der Phantasie könnte nur dann eintreten, wenn die Phantasiereichen sich mit der Wirklichkeit des Krieges, dazu gehören auch tote und verletzte Zivilisten, hautnah auseinandersetzen würden. Leider findet eine Begegnung mit der Wirklichkeit selten statt.»

Dem ist nichts mehr beizufügen. Ausser eine Vermisstmeldung für Kohlis Verstand: Verstand, bitte melden!