Volksinitiative für ein Verbot von Kriegsmaterialexporten

Der folgende Vorschlag für den Initiativtext wurde von der GSoA-Koordination erarbeitet und an der Bündnissitzung vom 4. April 2006 bereinigt und verabschiedet.

 

Aktuellste Fassung des Initiativtextes hier…

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 107

2 Der Bund erlässt Vorschriften über die Herstellung, die Beschaffung, den Vertrieb im Inland sowie über die Einfuhr von Kriegsmaterial.1

Art. 107a (neu)

1 Der Bund unterstützt und fördert internationale Bestrebungen für Abrüstung und Rüstungskontrolle.

2 Die Ausfuhr und Durchfuhr folgender Güter ist verboten:
a. Kriegsmaterial;
b. Besondere militärische Güter2, ausgenommen Geräte zur humanitären Entminung;
c. Immaterialgüter einschliesslich Technologien3, die für die Entwicklung, die Herstellung oder den Gebrauch von Gütern nach a. und b. von wesentlicher Bedeutung sind, sofern sie weder allgemein zugänglich sind noch der wissenschaftlichen Grundlagenforschung dienen.

3 Das Ausfuhr- und Durchfuhrverbot umfasst Kleinwaffen und zugehörige Munition, ausgenommen Sport- und Jagdwaffen4, die eindeutig als solche erkennbar und in gleicher Ausführung nicht auch Kampfwaffen sind, sowie zugehörige Munition.

4 Vom Ausfuhrverbot ausgenommen ist die Ausfuhr von Gütern nach Absatz 2, Buchstaben a. bis c. durch Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, sofern diese Eigentümer der Güter bleiben, die Güter durch eigene Dienstleistende benutzt werden und anschliessend wieder eingeführt werden.5

5 Die Vermittlung von und der Handel mit Gütern nach Absatz 2, Buchstaben a. bis c. ist verboten, sofern der Empfänger seinen Sitz oder Wohnsitz im Ausland hat.

 

Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert:

Art. 197 Ziff. 8 (neu)
1 Der Bund unterstützt während zehn Jahren nach der Annahme der Volksinitiative durch Volk und Stände Regionen und Beschäftigte, die von den Verboten gemäss Art. 107a besonders betroffen sind.6

2 Nach Annahme von Artikel 107 und 107a durch Volk und Stände dürfen keine neuen Bewilligungen für Tätigkeiten nach Artikel 107a erteilt werden.7

(Stand April 2006)

Erläuterungen zum Initiativtext

1 (ac) Dieser Absatz aus dem alten Verfassungsartikel stellt sicher, dass der Bund seine Regelungskompetenzen im Bereich des Imports, der Herstellung und des Handels mit Kriegsmaterial im Inland behält.

2 Kriegsmaterial und besondere militärische Güter Der Begriff des Kriegsmaterials ist in der Schweizer Gesetzgebung relativ eng gefasst. Die sogenannte «Munitions List», die im Rahmen des internationalen Rüstungskontrollabkommens von Wassenaar geführt wird, geht viel weiter: Sie umfasst sämtliche Güter, die für militärische Zwecke konzipiert oder abgeändert sind und in der gleichen Ausführung nicht auch zivil genutzt werden können. Um das Abkommen von Wassenaar in der Schweiz umsetzen zu können, wurde im Güterkontrollgesetz der Begriff der «besonderen militärischen Güter» eingeführt. Als besonderes militärisches Gut gilt alles, was in der «Munitions List» enthalten ist, in der Schweiz aber nicht unter das Kriegsmaterialgesetz fällt. Dazu gehören zum Beispiel Maschinen, die ausschliesslich der Herstellung von Kriegsmaterial dienen, militärische Simulatoren, oder auch militärische Trainingsflugzeuge, wie sie die Pilatus-Werke herstellen. Verbieten wir die Ausfuhr von Kriegsmaterial und besonderen militärischen Gütern, so sind insgesamt genau diejenigen Güter abgedeckt, die ausschliesslich militärischen Zwecken dienen.

3 Damit verhindern wir, dass Schweizer Rüstungsfirmen das Ausfuhrverbot umgehen, indem sie Baupläne für Kriegsmaterial ins Ausland verkaufen oder in Lizenz produzieren lassen.

4 Wir wollen einen Abstimmungskampf gegen die Rüstungsindustrie führen, nicht gegen Jäger und Sportler. Dafür sind Kleinwaffen, die weder der Jagd noch dem Sport dienen, ausdrücklich ins Ausfuhrverbot eingeschlossen. Denn Kleinwaffen sind eigentliche Massenvernichtungswaffen – in vielen Konflikten sterben die meisten Menschen durch kleinkalibrige Schusswaffen.

5 Unsere Initiative soll kein Versuch werden, Auslandeinsätze der Schweizer Armee zu verhindern. Die GSoA äussert sicherlich weiterhin Kritik an bestimmten Auslandeinsätzen, doch die Initiative für ein Verbot von Kriegsmaterialexporten ist nicht der richtige Ort, diese Kritik vorzubringen. Deshalb diese Ausnahmeregelung.

6 Während die Rüstungsindustrie auf die ganze Schweiz betrachtet nur wenige Arbeitsplätze bereitstellt, wären einzelne Regionen von einem Ausfuhrverbot überproportional stark betroffen. Mit diesem Absatz zeigen wir, dass wir die Angst um Arbeitsplätze ernst nehmen. Die Konversion (Umstellung auf zivile Produktion) muss vorangetrieben werden; der Bund ist gefordert, die betroffenen Regionen und Beschäftigten zu unterstützen.

7 Mit dieser Übergangsbestimmung verhindern wir, dass nach Annahme der Initiative bis zur Anpassung der Gesetze und Verordnungen noch Ausfuhrbewilligungen erteilt werden.

Was nicht im Initiativtext steht

Sowohl in der GSoA-Koordination als auch im Gesamtbündnis hat sich der Konsens herausgebildet, dass wir auf die Berücksichtigung von Finanzierungsgeschäften und sogenannten Dual Use Gütern (Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können) verzichten wollen. In beiden Fällen stand keine rechtlich wasserdichte Formulierung in Aussicht, und wir wollen nicht das Risiko eingehen, dass wilde Interpretationen einer vagen Formulierung im Abstimmungskampf gegen die Initiative verwendet werden könnten. Das ist auch eine Lehre aus der letzten Waffenexport-Initiative.