Wer stoppt die Staatsschützer?

Im Juli 2010 hat das oberste Kontrollorgan über die Geheimdienste, die Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte (GPDel) in einem umfassenden Bericht bestätigt, was viele schon länger vermutet haben: Gesetzeswidrig überwacht und fichiert die Schnüffelpolizei alle und alles – vor allem Personen und Organisationen, die sich politisch links der Mitte engagieren.

Anlässlich der Anti-WEF-Kundgebungen 2008 wurden mehrere Journalisten festgenommen, ein WOZ-Journalist direkt vor der Türe seines Büros. Im Anschluss daran reichten verschiedene Personen und Organisationen, vertreten durch den Präsidenten von grundrechte.ch, beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten ein Einsichtsgesuch in die Staatsschutzakten ein. Dieser bestätigte im Sommer 2008 ausnahmsweise die tatsächliche Fichierung des Journalisten, der WOZ sowie des grünen Parlamentariers Balthasar Glättli.

Zur gleichen Zeit deckte die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates von Basel die Überwachung von GrossrätInnen türkischer Herkunft auf. Weitere Fichen über Asylund Amnesty-Aktivistinnen kamen zutage und belegen, dass die Staatsschützer laufend neue Einträge gesammelt haben: Wer eine Demo- Bewilligung einholte, an Kundgebungen vorübergehend festgenommen wurde oder sich einbürgern lassen wollte, wurde systematisch in der Staatsschutz-Datenbank ISIS registriert. Das Resultat gemäss GPDel-Bericht: 120’000 Personen sind aktiv in der Datenbank ISIS registriert, 80’000 Personen als sogenannte Drittpersonen.

Besseres Einsichtsrecht: ein erster Schritt

zur Abschaffung der Schnüffelpolizei Als Reaktion auf die «Basler Fichenaffäre» verlangte SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer im Herbst 2008 ein einheitliches Einsichtsrecht in alle Datensammlungen: «Die Erfahrungen mit dem Fichenskandal der Achtziger- und Neunzigerjahre haben gezeigt, dass Sammlungen von Personendaten die Gefahr von falschen Einträgen und von Ineffizienzen beinhalten. Für die betroffenen Personen können die Einträge gravierende Folgen haben. Umso wichtiger ist es, dass ein individuelles Auskunftsrecht der betroffenen Person besteht.» In seiner Antwort vom März 2009 zeigt sich der Bundesrat bereit, bei allen Daten – sammlungen grundsätzlich ein Auskunftsrecht zu gewähren.

Ob das bürgerlich dominierte Parlament dies auch so sieht, wird sich noch zeigen. Klar ist: Die nach wie vor geplante Ausweitung der Befugnisse der Staatsschützer muss dringend gestoppt werden. Weder brauchen die Schnüffler heimlichen Zugang zu unseren Computern noch sollen sie ohne richterlichen Beschluss private Räume verwanzen oder Spitzel einschleusen dürfen. Vielmehr braucht es eine Debatte über die Abschaffung dieses unnützen, gefährlichen und teuren Überwachungsapparates. Ein verbessertes Einsichtsrecht ist ein erster Schritt dazu.

Auf www.grundrechte.ch finden sich zahlreiche Dokumente zum «neuen Fichenskandal» sowie Muster- Einsichtsbriefe. Erhältlich sind auch eine gedruckte Fichen-Chronologie und ein Dokumentarfilm über 20 Jahre Protest gegen den Fichenskandal. Zudem bietet grundrechte.ch zahlreiche Informationen über private Datensammlungen und Tipps zur Wahrnehmung der Datenschutzrechte.

Staatsschutz-Fichen über die GSoA aus den Achtziger- und Neunzigerjahren.

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