Wie viele Jets wir wirklich brauchen

Wenn die Schweiz den Gripen kaufen würde, hätten wir in Zukunft 54 statt 32 Kampfjets. Die Befürworter neuer Kampfflugzeuge behaupten, dass das nötig sei, um den Luftpolizeidienst zu gewährleisten. Warum das Humbug ist.

Es mag für einige LeserInnen überraschend sein, dass sich die GSoA nicht generell gegen Kampfflugzeuge ausspricht. Der Grund dafür ist, dass es tatsächlich Aufgaben gibt, die den Einsatz von Düsenjets erfordern. Genauso wie in gewissen Situationen eine Autobahnpolizei nötig ist, lässt sich auch der Flugverkehr nicht ohne Interventionsmöglichkeit regeln.
Immer wieder kommt es vor, dass HobbypilotInnen die Orientierung verlieren, jemand die Regeln des Flugverkehrs missachtet oder in einem Flugzeug das Funkgerät ausfällt. Eine rasche Intervention der Luftpolizei ist unerlässlich, wenn beispielsweise ein Amateurpilot versehentlich mit ausgeschaltetem Funk auf die Anflugschneise eines internationalen Flughafens zusteuert. Solche Situationen kommen hierzulande etwa einmal pro Monat vor.
Dass die an sich zivile Aufgabe der Luftpolizei bei der Armee angesiedelt ist, wäre nicht nötig. Eine zivile Behörde könnte genauso gut die Sicherheit des Luftverkehrs gewährleisten.

12 Jets würden reichen
Wie viele Jets braucht es nun aber, um in der Schweiz den Luftpolizeidienst zu organisieren? Ein Blick über die Landesgrenzen fördert Erstaunliches zutage. In Deutschland sind es gerade einmal vier Flugzeuge, welche für die Sicherheit des Luftverkehrs sorgen: Je zwei Jets stehen im niedersächsischen Wittmund und im bayrischen Neuburg am Boden bereit, falls die Flugsicherung bei einer Notlage ein Eingreifen anordnet. Diese sogenannten Alarmrotten werden etwa dreissig Mal pro Jahr zu Hilfe gerufen.
Geht man davon aus, dass die Schweiz sich wegen ihrer Topographie ebenfalls zwei Alarmrotten leistet und rechnet man noch zusätzliche Flugzeuge für Ausbildung und Wartung hinzu, kommt man auf rund 12 benötigte Flugzeuge. Österreich leistet sich 15 Kampfjets für diese Aufgaben. Die Schweiz braucht also weder 54 Kampfjets (wenn der Gripen gekauft wird) noch 32 Kampfjets (ohne Gripen), sondern nur 12.

Der Durchhaltefähigkeits-Schwindel

Gripen-Anhänger rechtfertigen die Beschaffung damit, dass es dereinst eventuell Szenarien geben könnte, in denen es nicht mehr reiche, wenn sich die Abfangjäger der Luftpolizei am Boden bereithielten. Wenn ein Terrorangriff mit einem Flugzeug drohe, müssten konstant mindestens vier Kampflugzeuge in der Luft kreisen, um eine Chance zu haben, den Anschlag zu verhindern.
Das VBS verwendet das Wort Durchhaltefähigkeit, um zu beschreiben, wie lange ein solcher Einsatz möglich wäre. In der Modellrechnung des VBS könnte die Luftwaffe in einer solchen Situation nur zwei Wochen dauernd in der Luft sein, wenn wir den Gripen nicht kaufen. Danach müssten alle Flugzeuge gewartet werden. Wenn die Luftwaffe zusätzlich 22 Gripen-Jets hätte, würde sich dieser Zeitraum gemäss den Modellrechnungen auf vier Wochen verlängern.
Diese Szenarien und Modellrechnungen basieren jedoch auf unrealistischen Annahmen. Eine Annahme ist, dass die Wartung weiterhin nur während der normalen Bürozeiten geleistet würde – obwohl es kaum vorstellbar ist, dass in einer solch Notlage nicht auf Schichtbetrieb umgestellt würde und die Flugzeuge damit viel rascher wieder Dienst leisten könnten. Zusätzlich gehen diese Szenarien davon aus, dass die Schweiz in der Abwehr eines solchen Terrorangriffs völlig auf sich allein gestellt wäre. Auch das ist kaum vorstellbar, denn die Schweiz hat mit allen Nachbarn für solche Fälle Kooperationsabkommen geschlossen. Geht man von realistischeren Annahmen aus, kommt man zum Schluss, dass auch in solchen Situationen die Luftwaffe mit den F/A-18 über mehr als genügend Jets verfügt.

Man darf gespannt sein, ob die Schweizer SteuerzahlerInnen gewillt sein werden, Kosten in der Höhe von etwa neun Milliarden Franken auf sich zu nehmen, wenn der zusätzliche Nutzen von noch mehr Kampfjets für die Sicherheit der Schweiz gänzlich unklar bleibt.

 

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