Ziviler Ungehorsam gegen WEF-Militäreinsatz

Der aussergewöhnliche Entscheid verlangt eine aussergewöhnliche Reaktion», begründete GSoA-Sekretär Tom Cassee den Aufruf. Unterstützung sicherten die Nationalrätinnen Valérie Garbani (SP) und Pia Hollenstein (Grüne) zu, letztere gleich im Namen der gesamten Grünen Nationalratsfraktion. Ein derartiger Einsatz der Armee im Innern sei mit der Verfassung nicht vereinbar. Denn darin heisse es, dass mit der Armee nur «ausserordentliche Lagen bewältigt» werden sollen, erklärte Pia Hollenstein.

 

Um den Einsatz vordergründig zu legitimieren, wurde das WEF in den letzten Jahren immer als ein «ausserordentlichen Ereignis» deklariert, was in der Ratsbesprechung zur Frage führte, nach wie vielen Wiederholungen ein Ereignis nicht mehr ausserordentlich sei… An der Pressekonferenz führte Valérie Garbani aus, dass in diesem Jahr neu sei, dass der Bundesrat den Militäreinsatz nicht nur mit der Gefahr terroristischer Angriffe begründe, sondern auch mit «der grundsätzlichen Gefahr für die innere Sicherheit durch gewaltsame Demonstrationen begleitet von Plünderungen (…) wie auch von Blockadeaktionen». Für eine Demokratie sei es in höchstem Masse problematisch, wenn sich Soldaten mit geladener Waffe und DemonstrantInnen gegenüber stünden.

Grundsätzliche Kritik am WEF äusserte Pia Hollenstein: «Wenn eine Konferenz Jahr für Jahr nicht nur ein massives Polizeiaufgebot benötigt, sondern auch Tausende von Soldaten zu Schutzzwecken abkommandiert werden, sollte dieser Anlass und seine Ziele hinterfragt werden.»

Soldatenkomitee gegen innere Einsätze

Aus Protest gegen die Inneren Armeeeinsätze hat sich das «Soldatenkomitee gegen Innere Einsätze der Schweizer Armee» gegründet. Marc Kalbermatter nahm für das Soldatenkomitee an der Medienkonferenz teil. Er bezweifelte, dass Milizsoldaten geeignet seien, um bei so einem Anlass eingesetzt zu werden: «Wie wenig braucht es, bis sich ein Schuss löst?», fragte er.

Auf schmerzhafte Weise wurde dies nur wenige Wochen später deutlich, als Anfang Januar 2005 ein Soldat beim Training für eine Botschaftsbewachung seinen Vorgesetzten erschoss. Das VBS selber erklärte danach, dass Soldaten ausgebildet werden, reflexartig zu schiessen.

Reaktionen auf den Aufruf zur Dienstverweigerung

Bei der GSoA und dem Soldatenkomitee meldeten sich mehrere Dutzend Soldaten, die nicht ans WEF einrücken wollten. Manche von ihnen konnten den Dienst verschieben, andere kamen gleich ganz von der Armee weg und leisten nun Zivildienst oder konnten untauglich geschrieben werden. Marc Kalbermatter wurde umgeteilt und leistete einen «normalen» WK. Widerstand lohnt sich also. Für die GSoA könnte der Verweigerungsaufruf ein juristisches Nachspiel haben. Ein Aufruf zur Dienstverweigerung ist ein «Verbrechen gegen den Staat und die Landesverteidigung» und damit ein politisches Delikt. Der Bundesrat müsste daher einer Strafverfolgung zustimmen und es könnten bis zu drei Jahre Gefängnis verhängt werden. Die GSoA steht der Drohung aber gelassen gegenüber, da der Bundesrat wohl wenig Interesse an einer öffentlichen Diskussion über die Rechtmässigkeit von Inneren Einsätzen hat. Die GSoA ist überzeugt, dass ziviler Ungehorsam in ausserordentlichen Fällen nötig und richtig ist.