Bomben nützen vor allem Milosevic

Seit gestern wirft die Nato Bomben über Serbien ab, um Milosevic zu einem Zugeständnis im Kosovo zu zwingen.
Wir halten fest: Seit mehreren Jahren gibt es von nichtnationalistischen Nichtregierungsorganisationen im Kosovo und Serbien konkrete Vorschläge für eine politische Lösung des Konfliktes.
Im vergangenen Jahr fand beispielsweise organisiert von Schweizer Hilfswerken unter Beteiligung der GSoA eine Konferenz «Frieden von unten» im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen statt, an der 25 VertreterInnen von Frauen- und Friedensorganisationen, Menschenrechsorganisationen und unabhängigen Medien, unter anderem aus dem Kosovo, Vorschläge für eine politische und gewaltfreie Beilegung des Konflikts erarbeiteten.
Bis die UCK sich mit Gewalt gegen die serbische Repression zur Wehr setzte, fand aber keiner dieser Vorschläge Beachtung auf internationaler Ebene. Die westlichen Staatschefs haben sich darauf beschränkt, mit Milosevic und seiner Entourage zu verhandeln.
Der Vorschlag, der in Rambouillet präsentiert wurde, lag inhaltlich seit Jahren auf dem Tisch. Es ist ein Versagen der internationalen Politik, dass sie nicht früher in der Lage war, diese Vorschläge aufzunehmen.

Mit ihrer Politik der Drohgebärden hat sich die Nato in eine Sackgasse manöveriert. Um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren, sah sie keine andere Möglichkeit mehr, als zu Bomben zu greifen. Dieser Beschluss erfolgte jedoch aus einer organisationspolitischen Nato-Logik nur kein Gesichtsverlust! – und nicht aufgrund einer sorgfältigen Analyse der Situation. Innenpolitisch ermöglichten die Nato-Drohungen und nun der Nato-Angriff eine Kriminalisierung und Marginalisierung der nichtnationalistisch ausgerichteten Opposition und der unabhängingen Medien.
Am vergangenen Sonntag hat die letzte unabhängige Zeitung im Kosova «Koha Ditore» ihr Erscheinen auf serbischen Druck hin eingestellt, gestern wurde die Belgrader Radiostation B92 geschlossen. Die Schliessung dieser einflussreichen unabhängigen Medien hat Milosevic in den vergangenen Jahren nie gewagt zu stark war deren Rückhalt in der Bevölkerung sowie die internationale Aufmerksamkeit. Die Nato-Politik macht‘s nun möglich.
Selbst wenn Milosevic aufgrund der Bombardements irgendeinen Vorwand braucht auch er um seine Position zu revidieren in der Kosova-Frage Zugeständnisse ankündigt: Nach diesen Angriffen wird er innenpolitisch massiv gestärkt sein, die demokratische und nichtnationalistische Opposition und Presse wird zerschlagen und eine politisch und langfristige Problemlösung in weite Ferne gerückt sein. Der Preis für das Nato-Bombardement wird die Zivilbevölkerung in Kosova und in Serbien zu bezahlen haben Milosevic sitzt in einem sicheren Bunker.

Die GSoA verurteilt das völkerrechtswidrige Vorgehen der Nato. Diese hat sich nicht einmal darum bemüht, ein Mandat der UNO zu erwirken.

Faktisch heisst dies: Unrecht wird mit Unrecht bekämpft. Dies mag allenfalls den Legitimationsbedürfnissen der Nato Rechnung tragen, zur internationalen Bearbeitung von Konflikten ist es aber ein völlig untaugliches und gefährliches Konzept.

Oder stellt sich die Nato etwas vor, als nächstes das Nato-Mitglied Türkei unter Feuer zu nehmen, damit sich die Menschenrechtssituation in Kurdistan verbessert? Oder sind gar Luftangriffe auf China geplant?

Konfliktmanagement bei Bombs ist eine Bankrotterklärung der internationalen Politik. Genau diese demonstriert die Nato derzeit im Kosovo.

Roland Brunner

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