GSoA entrüstet über massive Lockerung der Kriegsmaterial-Verordnung

Im Interview im Tages-Anzeiger von heute morgen kündigt Bundesrätin Doris Leuthard an, die geltende Verordnung über das Kriegsmaterial (KMV) in einem entscheidenden Punkt zu ändern: Lieferungen an die Kriegsparteien in Afghanistan und im Irak sollen wieder erlaubt werden. GSoA-Sekretär Tom Cassee: “Dies wäre eine massive Lockerung der Gesetzgebung.” Zusätzlich ist es ein Eingeständnis, dass Waffenexporte an die Staaten, die in Afghanistan Krieg führen, seit Dezember 2008 illegal sind.

Abstimmungsbüchlein im Zwielicht

29. September 2009: Das Abstimmungsbüchlein wird veröffentlicht. Der Bundesrat schreibt: “Die Schweiz verfügt über strenge Bewilligungskriterien für die Ausfuhr von Kriegsmaterial. So sind beispielsweise Lieferungen an Konfliktparteien oder an Staaten ausgeschlossen, welche die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen.”

12. Oktober 2009: Laut sda sagt Bundesrätin Doris Leuthard im Tagesgespräch von Radio DRS “Die Schweiz liefert seit Jahren auch an Länder Waffen, die in […] Konflikte involviert sind.” Und das werde sich auch nicht ändern.

Was gilt nun? Will der Bundesrat seinen vollmundigen Versprechungen im Abstimmungsbüchlein keine Taten folgen lassen?

Abstimmungspropaganda mit einer Scheinverschärfung der Verordnung

Es ist kaum anzunehmen, dass den Juristen des EVD aus Versehen ein Lapsus passiert ist. Offenbar war die ursprüngliche Änderung der Verordnung im Jahr 2008 ein Versuch, den StimmbürgerInnen vorzugaukeln, die Schweiz verfüge nun über eine ausreichend strenge Gesetzgebung. Eine Anpassung der Bewilligungspraxis war jedoch offensichtlich nie geplant.

Dass der Bundesrat nun unter dem Druck der Öffentlichkeit einen Rückzieher machen muss, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ursprünglich wollte der Bundesrat mit der Verordnungsänderung der Volksinitiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten den Wind aus den Segeln nehmen. Nun beweist er selbst, dass ein effektives und glaubwürdiges Exportregime nur bei einem JA am 29. November Realität werden kann.

Wer ist verantwortlich?

Es bleiben verschiedene Fragen offen: Wer wird sich für die seit 2008 illegal erteilten Bewilligungen an verschiedene Kriegsparteien verantworten müssen?

GSoA-Sekretär Tom Cassee: “Anstatt 70 renommierten RechtsprofessorInnen vorzuwerfen, dass sie manipuli”erbar seien, würde Bundesrätin Leuthard sich besser darum kümmern, dass in Pakistan und Saudi-Arabien keine Unschuldigen mit Schweizer Waffen getötet werden.”

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