Redebeitrag Andreas W. |
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Armeeeinsatz am G8 Gipfel in Evian, Medienkonferenz 20.5.2003
Redebeitrag von Andreas W., Soldat der elektronischen Kriegsführungskompanie III/23
Nächste Woche hätte ich am Genfersee Dienst zugunsten des Schutzes des G8-Gipfels leisten sollen und ich bin Mitglied des G8-Soldatenkomitees. Ich werde versuchen, Ihnen darzulegen, weshalb so viele Soldaten für den Gipfel in Evian keinen Dienst leisten wollen.
Warum weigern sich die Soldaten?
Der wichtigste Grund ist eindeutig der Unmut gegenüber der Politik der Mitglieder der G8; Georg W. Bush und sein Waffenbruder Tony Blair haben gemeinsam mit ein paar weiteren Verbündeten erst vor kurzem einen brutalen Krieg geführt, der die Grundsätze des Völkerrechts aufs Gröbste verletzte. Am G8-Gipfel werden sie in formellen und informellen Gesprächen die wirtschaftliche Kontrolle der USA über den Irak sowie die Neuverteilung der irakischen Ölförderrechte endgültig festzusetzen versuchen. Auch der verurteilte Verbrecher Silvio Berlusconi, der Atomwaffentester Jacques Chirac und der Kriegsverbrecher Vladimir Putin werden da sein. Ebenfalls am G8-Gipfel teilnehmen werden die Chefs von IWF und Weltbank; Undemokratische Institutionen, die mit ihren Strukturanpassungsmassnahmen für das Elend von Millionen verantwortlich sind. Es kann doch nicht Bürgerpflicht sein, mitzuhelfen, diesen Herrschern der Welt einen angenehmen Empfang zu gewähren; das sagt das Gewissen vieler Milizsoldaten.
Beunruhigend ist auch die Aussicht, mit einem Gewehr voll scharfer Munition einer Demonstration beiwohnen zu müssen und von Kommandanten befohlen zu werden, die keinerlei Erfahrung mit solchen Situationen haben. Auch wenn beteuert wird, die Armee solle nicht gegen Demonstrierende eingesetzt werden: Das Interview mit Korpskommandant Keckeis von letzter Woche hat gezeigt, dass die Armeeführung es durchaus als ihre Aufgabe betrachtet, einzugreifen, wenn sie es für nötig erachtet.
Wie weigern sich die Soldaten?
Die Wege, seinen Dienst zu verweigern sind vielfältig:
- Die meistgewählte Variante ist diejenige des Verschiebungsgesuches. Besonders erfolgsversprechend sind aufgrund unserer zahlreichen Rückmeldungen Gesuche, welche damit begründet werden, dass man 'aktiver Globalisierungsgegner' sei und den Gipfel-Dienst nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne. Mir beispielsweise wurde eine Verschiebung des WKs gewährt, nachdem ich dem Militär einen Brief geschickt habe, in welchem ich erklärt habe, wie gross meine Zweifel an der Legitimität dieses Einsatzes sind. Wurde in einem Gesuch nur mit beruflichen oder Studiengründen argumentiert, hatten die Gesuche nach unseren Erfahrungen kleinere Chancen auf Annahme.
- Eine weitere Möglichkeit, die von vielen Soldaten genutzt wurde, ist das Einholen eines ärztlichen Gutachtens, das einem attestiert, man sei der psychischen Belastung eines solchen WKs nicht gewachsen.
- Viele Soldaten liessen sich umteilen: Entweder in andere Truppengattungen oder Kompanien, welche nicht für den G8-Gipfel aufgeboten wurden, oder sie liessen sich von ihrem Einheitskommandanten versichern, während dieses WKs nur im rückwärtigen Bereich, beispielsweise in der Küche eingesetzt zu werden.
- Auch für Soldaten, die einrücken, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, ihren Protest gegen den Militäreinsatz zum Ausdruck zu bringen. Wir haben unterdessen von verschiedenen Soldaten gehört, welche Aktionen während ihrer Dienstzeit diskutieren. Wir raten jedenfalls allen Armeeangehörigen, mit PACE-Fahnen ausgerüstet einzurücken. Befestigt am Fahrzeug, an den Fenstern der Truppenunterkunft, an der Richtstrahlschüssel oder einfach nur um die Hüften gehängt, sind solche Flaggen eine sehr praktikable Art, seine Ansichten über die Leute, die wir beschützen sollen, zu zeigen.