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Swiss Army Never Dies

(ha) Was also tun? BR Adolf Ogi kann es im Interview mit der WK-Zeitung «brattig» des Territorialregiments 93 (November 1997) nicht länger verheimlichen: «Für Mitteleuropa ist weit und breit kein Feind in Sicht.» Regiments- und «brattig»-Redaktionsmitglied, Kpl Dobler Philipp, folgert in seinem Editorial mit dem Titel «Vom Krieg zur Katastrophe» messerscharf: «Deshalb will man die Armee einsetzen, wenn Katastrophen eingetreten sind, Migrationsströme ein gefährdendes Ausmass annehmen oder eben terroristische Aktionen befürchtet werden müssen. ... Unser Ter Rgt 93 kommt demnach bei diesen neuen Bedrohungen unterhalb der Kriegsschwelle zum Einsatz.» Die WK-Zeitung zeigt exemplarisch, was damit gemeint ist: Klassische Übungsszenarien (Panzerfaust) sterben zwar nicht aus, aber die Soldaten der Territorialregimenter werden heute vor allem auf «neue Bedrohungen» getrimmt. Anlässlich der Katastrophenübung «Triangolo» in Einsiedeln müssen sie «einen äusseren Sicherungsring organisieren» und Verwundete suchen, welche - wen wundert's - «unter Schock stehend, das Weite gesucht haben». Bei simulierten Strassenkontrollen üben sie, «durch gezielte Fragetechnik, Ausweiskontrolle oder Körperdurchsuchung herauszufinden, ob es sich um harmlose Passanten oder gefährliche Saboteure handelt; die Aufgabe verlangt viel Fingerspitzengefühl» (Dobler). Auch technologisch haben die Territorialregimenter aufgerüstet. Nicht nur die Ausbildung an nachtsichttauglichen Wärmebildgeräten, sondern auch der Besuch des sogenannten «Schiesskinos» gehört zur Routine. Dort geht es ungefähr zu und her wie in einschlägigen Action-Filmen: «Drei verschiedene Gefechts- und 24 typische Bewachungssituationen können geübt werden. Vier Schützen stehen etwa drei Meter von einer Leinwand entfernt, auf der Kurzfilme abgespielt werden. Sie halten ihr Gewehr, das mit einem Computer verbunden ist, im Anschlag» ... und stellen sich vor: «My Name ist Dobler. Philipp Dobler». Eigentlich, so Soldat Beat von Rickenbach, «müsste man jeden Tag ins Schiesskino. Dort finden wir wirklichkeitsnahe Situationen vor, in denen wir viel lernen können.» Kein Wunder, denn «das Leben schrieb die Drehbücher zu den Filmen», weiss Dobler: «Da ist beispielsweise eine unschuldig wirkende adrette Frau, die mit ihrem Auto bei einer Strassensperre zum Stopp gezwungen wird. Plötzlich zückt sie eine Waffe und schiesst.» Soldat René Schuler beginnt «euphorisch» herumzuschreien, nachdem er «19 Kinosoldaten» erledigt hat (Augenzeugenbericht Dobler). Die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit sind bekanntlich dünn, das nötige Fingerspitzengefühl dementsprechend gefährdet. Als während der Übung «Treno» vom 10. November 97 das SBB-Stellwerk Goldau während 24 Stunden bewacht werden soll, schreibt das Schiesskino das Drehbuch zum Leben. Nochmals O-Ton Dobler: «Die Kp 1/188 machte die Probe aufs Exempel: Einen heranbrausenden Luzerner liessen sie mir nichts dir nichts auf das Nagelband auffahren - und tatsächlich, dem Personenwagen konnte die Einfahrt verwehrt werden.» Die Reifen wurden auf Armeekosten ersetzt. Wenigstens warf einer der genervten Bähnler einen Stein in den Kommandoposten des verantwortlichen übungsleiters Oblt Jürg Koller, und zwar «diesem genau vor die Füsse». Wer es nicht glaubt, bestelle die Nr. 1 der WK-Zeitung «brattig» bei: Kpl Philipp Dobler, Bauernhofstr. 14, 8853 Lachen.