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Hoffnungslos träge Von Nico Lutz Trotz ziemlich stabilen Armeeausgaben halbiert sich die Zahl der militärabhängigen Arbeitsplätze in der Schweiz. Und dennoch bleibt Rüstungskonversion im EMD ein Fremdwort.Besen, Besen Zu «Manifest und GSoA», von Jo Lang, GSoA-Zitig, Juni 1997.«FriZ» ist da 15 Jahre nach ihrer Gründung erhält die «friedenszeitung» ein neues Konzept, ein neues Layout und einen neuen Namen.Notbremse Auch während der Rekrutenschule ist der Übertritt zum Zivildienst möglich. Von Ruedi WinetNix Volksgesundheit Von der Gassenküche Bern Die Initiative «Jugend ohne Drogen» wirft uns zurück in die drogenpolitische Steinzeit: darum «Nein» am 28. September. |
Im April hatte Alois Stadler, Direktor der «Schweizerischen Munitionsunternehmen» (SM) die Nase voll. Er kündigte. Dem Urner Wochenblatt erklärte er, der Betrieb klammere sich verzweifelt anden Bereich Wehrtechnik. Ihm sei es zu wenig gelungen, die Köpfe in Richtung zivile Produktion zu lenken und so den noch rund 1500 Arbeitsplätzen der SM in Altdorf, Thun, Wimmis und Aubonne eine Zukunft zu bieten. 1995 erarbeitete die SM in der Wehrtechnik noch 340 Millionen Franken Umsatz, 1999 werden es gemäss Stadler noch 220 Millionen sein.
Weltweit befindet sich die Rüstungsindustrie im Sinkflug. Von politischer und ökonomischer Seite hat der Druck auf die Militärbudgets zugenommen. Mit dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes ging der Feind verloren. Selbst der Internationale Währungsfonds kommt in einer Studie zum klaren Schluss: Je grösser in einem Land die Budgetkürzungen für die Rüstung sind, desto höher fällt das wirtschaftliche Wachstum aus.*
Wenn eine Abstimmung über armeekritische Vorlagen vor der Türe steht, ziehen die EMD-Strategen immer wieder die Arbeitsplatzkarte. Dabei verschweigen sie geflissentlich, dass sie selber in den vergangenen Jahren mehr als zehntausend Arbeitsplätze in der Schweiz wegradiert haben.
Die Ausgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden für die Landesverteidigung betragen seit 1990 rund 6 Milliarden Franken jährlich, Tendenz leicht sinkend. Die Zahl der EMD-Arbeitsplätze ist seit 1990 jedoch von 20'174 auf 16'556 zurückgegangen. Ein weiterer Abbau von 1382 Stellen soll gemäss der Armee-Planung bis zum Jahr 2001 erfolgen. «Mehr Muskeln, weniger Fett», lautete der EMD-Slogan für die Armee 95. Mit «Muskeln» waren Hightech-Investitionen à la F/A-18 und mit «Fett» die Beschäftigten gemeint. Massiv vom Abbau betroffen sind die eidgenössischen Rüstungsbetriebe. Seit 1990 wurden von den gut 5000 Stellen über 1000 abgebaut. Bis zum Jahr 2001 sollen es nochmals über 600 sein. Noch drastischer war der Rückgang in der privaten Rüstungsindustrie. Oerlikon Bührle, die grösste Schweizer Waffenschmiede, beschäftigte 1977 im In- und Ausland rund 12'500 Personen im Rüstungsbereich, zehn Jahre später waren es noch deren 9000 und 1995 arbeiteten gerade noch rund 2400 Beschäftigte in der Rüstungsabteilung. Und weiterhin schreibt Oerlikon-Contraves Verluste. 11 Millionen waren es im ertsen Semester 1997.
Die Gesamtzahl der militärabhängigen Arbeitsplätze - dazu werden die Angestellten des EMD, der staatlichen und privaten Rüstungsbetriebe sowie weitere militärabhängige Beschäftigte in der Privatwirtschaft (Baubranche, Gastgewerbe, Textilgewerbe, Detailhandel) gezählt - hat sich innert sechs Jahren von 40'000 (1990) auf 30'000 (1996) reduziert, rechnet der Rüstungsexperte Peter Hug vor. Bis zum Jahr 2000 prognostiziert er einen weiteren Rückgang um 8000 Stellen.
Immerhin haben verschiedene private Rüstungsbetriebe etwas begriffen: Entweder sie steigen in die Produktion ziviler Güter ein, oder sie können die Fabriktore bald definitiv schliessen. Die Pilatus-Werke in Stans wollen beispielsweise in den kommenden Jahren den Umsatzanteil der rein zivilen Produkte wie der PC-6 und PC-12 (im Gegensatz zu den zivil und militärisch verwendbaren PC-7 und PC-9) von 25 Prozent auf 50 Prozent steigern. Die Oerlikon-Contraves AG stellt High-Tech-Erzeugnisse für die Medizin und den alpinen Spitzensport her. Und die Mowag AG produziert heute auch Feuerwehr-, Elektro- und Ambulanzfahrzeuge.
Bei den EMD-Rüstungsbetrieben hingegen ist der Anteil des zivil erwirtschafteten Umsatzes zwischen 1990 und 1997 lediglich von fünf auf zehn Prozent gestiegen. Peter Emch, Leiter des Direktionsbüros für Rüstungsbetriebe, wies schon vor drei Jahren auf die fehlende Vertrautheit der Staatsbetriebe mit dem Funktionieren ziviler Märkte hin. Zentrales Problem ist aber, dass der Bundesrat nach wie vor eine grossflächige Rüstungskonversionspolitik als staatsinterventionistisch ablehnt. Noch 1994 warnte der damalige EMD-Vorsteher Villiger an einer Parteiversammlung der FDP in Belp (BE) vor der «trügerischen Hoffnung», welche das «Zauberwort Rüstungskonversion» in sich berge. Wie unbedarft seine konversionspolitischen Vorstellungen sind, zeigt Villigers Bemerkung, es nütze einem Mechaniker der Konstruktionswerkstätte Thun nichts, wenn in einem Friedensinstitut in Genf ein Wissenschafter mehr eingestellt werde.
«Hilf dir selbst, denn die Armee tut's nicht» - das haben unterdessen auch die eidgenössischen Rüstungsbetriebe gemerkt. Peter Engelhard, Vizedirektor der «Schweizerischen Unternehmung für Flugzeuge und Systeme» (SF), geht davon aus, dass die Aufträge aus dem EMD weiter zurückgehen. Sein Ziel lautet daher, den Umsatzanteil der Nicht-EMD-Aufträge in den nächsten vier Jahren von 10 auf 20 Prozent zu erhöhen. Bereits heute stellt das SF-Werk in Emmen die Nutzlastverkleidung der Ariane-Rakete her und liefert Komponenten an Airbus und McDonald Douglas. Die «Schweizerischen Munitionsbetriebe» in Altdorf entsorgen Kühlschränke und produzieren Kupplungsscheiben für Autos. Die zivilen Aktivitäten garantieren in Altdorf bereits rund 80 von 740 Arbeitsplätzen. Die Pulverfabrik Wimmis konnte mit der Beteiligung an der Batterie-Recycling-Unternehmung Batrec rund 40 Arbeitsplätze sichern.
«Konzentration auf Kerngeschäfte, in denen die Rüstungsbetriebe stark, konkurrenzfähig und unentbehrlich sind» sowie die «Erfüllung eines klar definierten Leistungsauftrages zugunsten der Landesverteidigung», bezeichnete Peter Emch noch 1994 als Zukunfts-Strategie für die eidgenössischen Rüstungsbetriebe. Nur: Der Markt für diese Zukunft ist zum Glück mit dem Ende des Kalten Krieges in sich zusammengesackt.
Niemand behauptet, Rüstungskonversion sei ein Sonntagsspaziergang. Rüstungskonversion ist nicht gratis zu haben. Sie braucht staatliche Unterstützung und vor allem: Ein rasches Umdenken.
Selbst wenn Rüstungskonversion kostet: Für die Gesellschaft ist es viel günstiger, in zukunftsträchtige Arbeitsplätze zu investieren. Je rund 6 Milliarden bezahlen Staat und Wirtschaft heute für die Landesverteidigung. Den volkswirtschaftlichen Kosten von 12 Milliarden stehen 30'000 militärabhängige Beschäftigte gegenüber. 400'000 Franken lassen wir uns also jeden militärabhängigen Arbeitsplatz kosten. Die Armee, nicht die Armeeabschaffung stellt eine Bedrohung für den Wirtschaftsstandort Schweiz dar. Sie entzieht Mittel, die dringend für eine aktive Beschäftigungspolitik nötig wären.
* Malcom Knight, Norman Loayza und Delano Vellanueva: The Peace Dividend - Military Spending Cuts Economic Grotz, IWF-Arbeitspapier (1995)
Das Arbeitsplatz-Argument hat der Volksinitiative «Für ein Verbot der Kriegsmaterialausfuhr» das Genick gebrochen. Zu diesem Schluss kommt die Vox-Analyse der Abstimmung vom 8. Juni 1997. Selbst Abstimmende, welche sich als an die SPS gebunden bezeichnen, stimmten der Initiative nur zu 48 Prozent zu. Bei den BefürworterInnen spielten primär pazifistische und ethische Argumente eine Rolle.
Auch das Bundesamt für Statistik weist in seiner Abstimmungsanalyse der Gemeinderesultate darauf hin, «dass die persönliche Betroffenheit von einem (potentiellen) Arbeitsplatzverlust eine gewisse Rolle beim Abstimmungsentscheid spielte». Je höher der Anteil der Beschäftigten im industriellen Sektor (insbesondere im Metall- und Maschinenbereich), desto niedriger fielen die Ja-Stimmenanteile aus; je dominanter der Dienstleistungssektor, desto mehr Ja-Stimmen wurden eingelegt. Noch ein antimilitaristischer Ferientip: Die einzige Gemeinde, die der Initiative «Für ein Verbot der Kriegsmaterialausfuhr» zu hundert Prozent zugestimmt hat, ist die Bündner Gemeinde Braggio mit fünfzig Stimmberechtigten. Ein Ausflug lohnt sich sicher.
Die Kolumne Jo Langs befremdete mich beim ersten Lesen: Das «Manifest vom 21. Januar» gegen Antisemitismus und Rassismus wird bei ihm zu einer Frage der Europaintegration! Beim zweiten und dritten Durchlesen differenzierte sich dann dieser erste Eindruck. Jo Lang wettert gegen den im rotgrünen Lager verbreiteten «Pragmatismus, Technokratismus und Opportunismus» - und versucht gerade mit pragmatischen, technokratischen und opportunistischen Argumenten uns zu überzeugen, das Manifest zu unterschreiben. Wenn das Manifest ein Werkzeug sein soll, «um mit den Reduit-Relikten aufzuräumen», dann denke ich sofort an einen Besen, was bei mir fatale Assoziationen auslöst. Diese «Reduit-Relikte» sind nicht einfach veraltete, nutzlose Gegenstände, die auf leichtem Wege entsorgt werden können, sondern sie bedeuten für wohl nicht wenige Menschen wertvolle Antiquitäten, von denen sie sich nicht einfach trennen mögen.
Verzeihen wir jedoch diese Werkzeugmetapher und gehen weiter in den Gedankengängen: Gemäß Lang verpassten die opportunistischen Euroturbos die «ausgezeichnete Chance», «sich mit dem Nationalismus anzulegen». Wer nach Europa will, muß die richtige Geschichte erzählen. «Nur eine Schweiz, welche ihre Vergangenheit verarbeitet und ihre Reduit-Mythen einigermassen überwunden hat, ist bereit zur Öffnung gegenüber Europa und gegenüber der Völkergemeinschaft.» Ob die Auseinandersetzung mit der jüngeren Vergangenheit uns automatisch diese Öffnung bringt, wage ich zu bezweifeln. Technokratisch, opportunistisch und pragmatisch gesehen sind die Schweiz, die Schweizerinnen und Schweizer, nämlich ganz gut gefahren mit ihrem Sonderweg. Die Öffnung gegenüber dem Leiden der anderen ist Vorbedingung zur Auseinandersetzung mit unserer eigenen Geschichte - und nicht Folge.
Es gibt zahlreiche gute Gründe, das Manifest vom 21. Januar 1997 zu unterschreiben. Es scheint mir wichtig, den Finger auf Wunden zu legen und die Diskussion über die «Schatten des Zweiten Weltkrieges», Antisemitismus, vor allem aber auch über den heutigen Umgang mit ähnlichen Problemen in Gang zu halten oder noch zu bringen. Auf eine Instrumentalisierung des Manifests durch Euroturbos und inhaltlich schwache Linke zur Stärkung ihrer eigenen Position möchte ich jedoch lieber verzichten. Mit Jo Lang hoffe ich aber, dass das Manifest für ethische Debatten zu sensibilisieren vermag.
Ueli Stauffacher, Zürich
(Red.) Mitte September erscheint als Nachfolgerin der «friedenszeitung» ein neues Magazin unter dem Namen «FriZ - Zeitschrift für Friedenspolitik». Die neue FriZ schreibt zwar weiterhin über friedenspolitische Ereignisse und Entwicklungen, über Konflikte und ihre Ursachen, über Konfliktlösungsstrategien, über die Themen und Erkenntnisse der Friedensforschung sowie über Kontroversen und Debatten in der Friedensbewegung. Der Neuerungen gibt es aber viele: Das Heft erscheint als Magazin mit lockerem, leserInnenfreundlicherem und vor allem modernerem Layout. Inhaltlich neu ist, dass sich jedes Heft mit einem friedenspolitisch relevanten Hintergrundthema beschäftigen wird.
Um diese Neuerungen mit zwei Teilzeitstellen professionell umsetzen zu können, wird das Heft bei gleichbleibendem Abopreis statt monatlich noch sechsmal jährlich Jahr erschienen. Dafür wird die Zeitschrift umfangreicher und eben: besser.
Der Start der neuen Zeitschrift wird am 23. September 1997 im Zentrum Karl der Grosse an der Kirchgasse 14 in Zürich gefeiert: Ein Podiumsgespräch unter dem Titel «Vernunftehe oder getrennte Wege?» eröffnet um 19 Uhr den Abend. Die grüne Nationalrätin Pia Hollenstein, Nico Lutz von der GSoA, Jürgen Störk von den PBI und Karin Häberli von den Frauen für den Frieden diskutieren unter der Leitung von Maja Wicki (MonatsMagazin) über «die Zukunft der Friedensarbeit in der Schweiz zwischen Basisbewegung und offizieller Sicherheitspolitik». Danach wird auf das neue Blatt angestossen. Alle GSoAtInnen sind herzlich willkommen!
Kostenlose Probenummern sind erhältlich bei: Redaktion «FriZ», Postfach 6386, 8023 Zürich. Tel.: 01 242 22 93 oder 01 242 85 28. Fax: 01 241 29 26. e-mail: frieda@swix.ch Das Jahres-Abo kostet 60 Franken.
Auch in den Sommerferien blieb es auf den Beratungsstellen für Zivildienst und Militärverweigerung lebhaft: Immer wieder meldeten sich Rekruten, die aus der RS aussteigen und Zivildienst leisten wollten. Einige hatten von dieser neuen Möglichkeit gehört. Und tatsächlich: Wer in der Rekrutenschule oder auch in der Unteroffiziersschule merkt, dass er den Militärdienst nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann ein Zivildienstgesuch stellen. Dieses wird im Schnellverfahren behandelt. Nur ist es schwierig, in der RS genügend Zeit zu finden, seine Überlegungen und Überzeugungen zu Papier zu bringen. Zudem haben vielen Angst, von den Vorgesetzten schief angesehen zu werden, wenn bekannt würde, dass man ein Zivildienstgesuch eingereicht hat.
Trotzdem: Erstaunlich viele haben es getan. Sie sind in die RS eingerückt, um den Militärbetrieb mit eigenen Augen zu sehen - vielleicht auch mit dem Gefühl, so schlimm, wie die anderen erzählen, könne es nicht sein. Doch wenn der Druck wächst, wenn immer klarer wird, worum es im Militärdienst geht, kommt der Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht. Sie hören von Kollegen und manchmal sogar vom pädagogisch-psychologischen Dienst der Armee (PPD), dass es ja auch den Zivildienst gebe. Übers Wochenende sitzen sie dann daheim, feilen am Gesuch mit Lebenslauf und Begründung und reichen es beim BIGA in Bern ein. Darauf folgt meist schon innert ein bis zwei Wochen die Anhörung vor einem (zivilen) Ausschuss. Den Strafregisterauszug kann man dabei noch kurz vor der Anhörung beim zuständigen Amt in Bern persönlich abholen. Die Befragung selbst dauert etwa eine Stunde, und bereits nach ein bis zwei Tagen kommt der Entscheid: In den meisten Fällen bedeutet dies die Zulassung zum Zivildienst und die sofortige Entlassung aus dem Militärdienst.
Wir von den Beratungsstelle für Militärverweigerung und Zivildienst bieten auch in diesen Fällen Unterstützung an, nötigenfalls auch am Wochenende.
Die Beratungsstelle für Militärverweigerung und Zivildienst (bfmz) ist erreichbar unter: Postfach 9777, 8036 Zürich/Schweiz PC: 80-30 876-3; Voice 01/240 07 42;Homepage: http://www.zivildienst.ch.
Ende 1992 hat sich im rechtsbürgerlichen Spektrum, unter der ideologischen Führung des berüchtigten Vereins für psychologische Menschenkenntnis (VPM) das Komitee für die Initiative «Jugend ohne Drogen» gebildet. 1992 war auch das Jahr, als die alte prohibitionstreue Drogenpolitik ins Wanken geriet und die Idee der Entkriminalisierung des Konsums langsam aber immer deutlicher in die offizielle Politik eindrang.
Im Zentrum der Initiative steht die Illusion einer «suchtfreien Gesellschaft», wobei der Begriff Sucht sehr oberflächlich und undifferenziert gebraucht wird: Nur die Abhängigkeit von illegalen chemischen Substanzen gilt als Sucht. Losgelöst von jeglicher sozialen, kulturellen, politischen und historischen Realität reduzieren die InitiantInnen die ganze Problematik auf die Formel: «Keine illegalen Drogen = suchtfreie Gesellschaft». «Der Bund bekämpft das Drogenproblem mit einer restriktiven, direkt auf Abstinenz ausgerichteten Drogenpolitik» und «Die Abgabe von Betäubungsmitteln ist verboten (...)» fordert der Initiativtext. Im Argumentarium der InitiantInnen (die erste Auflage wurde noch vom VPM herausgegeben, erst die zweite Auflage - wohl aus Imagegründen - vom Initiativkomitee) finden sich Schlagworte wie «Drogenepidemie», «Volksgesundheit» oder im Bezug auf die Liberalisierungsbestrebungen «Verwahrlosungspolitik». Mit medizinischen und soziologischen Statistiken versuchen die InitiantInnen, ihre Argumente zu untermauern, ohne je anzugeben, woher die Daten stammen.
Die Gefahr dieser Initiative liegt darin, dass sie vorgibt, ganz einfache Antworten für ein unglaublich komplexes Problem zu haben. Mehr Repression, Polizei, Sondergesetze, Gefängnisse und somit zwangsläufig weniger Demokratie, persönliche Freiheit und Selbstbestimmung sollen das Drogenproblem lösen.
So fragwürdig Massnahmen sein mögen, die in den letzten Jahren punkto Drogenpolitik ergriffen wurden und so weit wir von einer toleranten und menschenwürdigen Drogenpolitik entfernt sein mögen: Ausser den InitiantInnen von «Jugend ohne Drogen» scheinen alle begriffen zu haben, dass mit purer Polizeigewalt und Repression die Lage der FixerInnen nur verschlimmert wird. Genau diese Einsicht will die Initiative «Jugend ohne Drogen» torpedieren.
Obwohl die Initiative absurd und zeitfremd - und hoffentlich auch chancenlos - ist, ist es eminent wichtig, sie an der Urne massiv wegzuspülen. Ihr Abschneiden wird ein Wegweiser für die zukünftige bundesrätliche Drogenpolitik sein. Je nach Abstimmungsresultat geht es mehr in Richtung Repression oder in Richtung Entkriminalisierung. Und je nach dem, wohin sich der Akzent verschiebt, kommen wir einer demokratischen, toleranten und sozialen Drogenpolitik näher.
Eine Arbeitsgruppe der Gassenküche der SchülerInnenkoordination Bern (SIKB) hat sich im letzten Jahr intensiv mit der (einseitigen) Rolle der Drogenrepression auseinandergesetzt und ihre libertäre Drogenpolitik in einem Manifest formuliert. Für einen selbstbestimmten Unkostenbeitrag zu bestellen bei: SIKB, Postfach 179, 3001 Bern 16. Stichwort: «Nein zu Jugend ohne Drogen».