Schnüffelstaat reloaded

Geht es nach dem Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), soll der Schnüffelstaat wieder eingeführt werden. Diesmal aber nicht im Geheimen, sondern ganz offiziell per Gesetz.

Zum Ende des Kalten Krieges wurde bekannt, dass der Schweizer Staatsschutz rund 900’000 Fichen angelegt hatte. Der Aufschrei war gross und dem Treiben wurde ein Ende gesetzt. Nun wird mit der Revision des «Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit» (BWIS) eine Neuauflage des Schnüffelstaates versucht. Bereits letztes Jahr wurde die sogenannte «Hooligan-Datenbank» eingeführt (siehe GSoA-Zitig 123). Die 2. Revision des BWIS soll nun das ganze Instrumentarium der Überwachung wieder einführen.

Angriff auf die Grundrechte

Im Gegensatz zum Strafgesetz, welches ebenfalls Überwachungsmassnahmen kennt, genügt dem Staatsschutz eine blosse Vermutung, um aktiv zu werden. Der Staatsschutz möchte verdeckte Spitzel einstellen und mit falscher Identität ausstatten. Wenn die Vermutung auf Terrorismus, Spionage oder verbotenen Handel mit Waffen oder radioaktivem Material oder Technologietransfer (Proliferation) lautet, sollen auch Telefone überwacht, Wanzen gesetzt und Computersysteme geknackt werden. Solch massive Eingriffe in die Grundrechte auf Grundlage blosser Vermutungen vertragen sich nicht mit dem Konzept eines liberalen demokratischen Staates.

Der «alte» Staatsschutz war vordergründig gegen die «kommunistische Bedrohung» gerichtet, diente aber der Überwachung linker und ökologischer Bewegungen. Jede politische Reformbewegung wurde von den Staatsschützern als Gefahr wahrgenommen. Das neue BWIS enthält keinerlei Absicherungen, die einen Rückfall in diese entwicklungsfeindliche Mentalität verhindern könnten.

Tätigkeitsverbote

Ein weiterer eigenartiger Punkt in der geplanten BWIS-Revision sind die Tätigkeitsverbote. Der Staatsschutz soll bestimmten Personen eine im Gesetz nicht weiter definierte Tätigkeit verbieten können, welche «mittelbar oder unmittelbar dazu dient, terroristische oder gewaltextremistische Umtriebe zu propagieren, zu unterstützen oder in anderer Weise zu fördern». Diese unglaublich schwammige Formulierung öffnet der Willkür Tür und Tor. Zudem sind sowohl Gewaltpropaganda als auch die Finanzierung terroristischer Organisationen Straftaten, die nach dem ordentlichen Strafgesetz behandelt werden könnten.

Der erläuternde Bericht zur BWIS-Revision baut konsequent auf das Feindbild «islamistische Terroristen». Das ständige, öffentliche Warnen vor der «islamistischen Gefahr» führt zu einer grundsätzlichen Stigmatisierung von Muslimen in der Schweiz. Die GSoA ist besorgt darüber, dass das neue staatsschützerische Feinbild auch zu einem gesellschaftlichen Feindbild wird, so wie im Kalten Krieg die «rote Gefahr» eines war.

Eine ausführliche Antwort der GSoA auf die Vernehmlassung des BWIS ist online unter gsoa.ch/gsoa/vernehm/ einzusehen.
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