Gruppe für eine Schweiz ohne Armee

Eufor: Redebeitrag Stefan Luzi

 
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Friedenspolitisches Nein zum EUFOR-Einsatz, Medienkonferenz 13.12.2004
Redebeitrag von Stefan Luzi, Gruppe für eine Schweiz ohne Armee GSoA

Der EUFOR-Einsatz verhindert eine Stärkung der Uno

Wer die militärischen Integrationsschritte der Europäischen Union in den letzten Jahren beobachtet hat, kann keinen Moment daran zweifeln: Hier ist eine neue Macht am Entstehen, die sich - wie alle Institutionen das zu Beginn ihrer Entstehungsgeschichte tun - profilieren und legitimieren will. Nachdem die Widerstände der USA gegen die EU-Armee durch die enge Kooperation mit der NATO eingedämmt werden konnten, hat sich die EU sogleich daran gemacht, als neuer militärischer Akteur aufzutreten. Der Einsatz in Bosnien-Herzegowina ist nach den Einsätzen in Mazedonien (ohne Uno-Mandat) und in Kongo bereits die militärische dritte Intervention der EU. Dass die EU in Bosnien die NATO ablöst, ist sinnbildlich für eine generelle Aufteilung des Einflussbereiches zwischen diesen beiden Organisationen. Aussen vor bleibt dabei die Uno. Sie hat zwar die Möglichkeit, den Einsätzen der EU und der NATO ein Mandat zu erteilen, bleibt aber, was die Kontrolle, Zieldefinition und Leitung des Einsatzes betrifft, ohne Einfluss.

Der Einsatz in Bosnien setzt damit eine Entwicklung der letzten Jahre fort. Wurde die Uno nach dem Ende des Kalten Krieges noch mit einiger Hoffnung als Organisation betrachtet, die - legitimiert durch die Teilnahme fast aller Länder dieser Welt - ein globales System der Friedenssicherung aufbauen könnte, so haben sich diese Hoffnungen zerschlagen. Viele Länder beteiligen sich heute fast ausschliesslich nicht mehr im Rahmen von Uno-Missionen, sondern nur noch an Interventionen, die unter eigenem Namen, im eigenen Interessensgebiet und unter eigenem Kommando stattfinden. Die Konsequenz daraus ist nicht nur, dass der Uno damit immer mehr Soldaten für ihre eigenen Einsätze fehlen und dass die Entwicklung zu einem regelrechten Wildwuchs von regionalen Sicherheitsbündnissen mit fragwürdiger Legitimation geführt hat, sondern auch, dass solche Einsätze die Autorität der Uno als zentrale Organisation zur Durchführung von internationalen Friedensbemühungen untergraben.

Umso bedauerlicher ist, dass die Schweizer Armee in den letzten Jahren kaum je eine Bereitschaft gezeigt hat, sich im Rahmen der Uno an Blauhelmeinsätzen zu beteiligen, sondern immer Einsätze im Rahmen der Nato (Kosovo, Afghanistan) und der EU angestrebt hat. Die symbolische Anzahl von 20 Soldaten, die auch deutlich macht, dass es in erster Linie darum geht, «dabei zu sein» soll der Schweizer Armee nun den Anschluss an die neue Macht EU-Armee sichern - und dem dazugehörigen Rüstungsmarkt. Für dieses Ziel sind dem VBS anscheinend alle Mittel recht: So hat sich Armeechef Keckeis kürzlich hinreissen lassen zu sagen, dass «die Schweiz auf dem Balkan verteidigt» werde...

Die BefürworterInnen von Schweizer Auslandseinsätzen im Rahmen der EU müssen sich daher die Frage gefallen lassen, ob sie mit der Stärkung der militärischen Komponente der EU nicht die Uno als völkerrechtlich legitimierte Organisation zur Durchführung internationaler Friedensbemühungen schwächen und ein globales System in Kauf nehmen, in dem Militärmächte in ihrem Interessensgebiet zunehmend eigenhändig militärisch operieren. Die Frage ist dringend, denn eigentlich hat sich die Schweizer Aussenpolitik dem Ziel einer Stärkung der Uno verschrieben - nicht einer Schwächung.

© Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, 10.03.2006, Webdesign dbu